Der blaue Vogel
Visualisierung von
Redewendungen („geflügelte Worte“), die innere und äußere Befindlichkeiten,
Zustände, Aktionen ausdrücken mittels beweglicher und unbeweglicher
Objekte und Bilder, überleitend zum Darstellen des eigenen Selbst.
Blau
ist die mit Abstand beliebteste Farbe. 36% der Frauen und 40% der Männer
benennen Blau als ihre Lieblingsfarbe. Als Farbe, die ihnen am wenigsten
gefällt, wird Blau von nur 1% der Frauen und 2% der Männer genannt.
Blau symbolisiert viele gute Eigenschaften: z.B. Sympathie, Harmonie,
Freundlichkeit und Freundschaft.
Die Sympathie: 28% Blau,
17% Rot, 16% Grün, 9% Rosa, 9% Weiß, 8% Violett
Die Harmonie: 28% Blau, 14%
Rosa, 12% Weiß, 10% Grün, 7% Violett, 7% Rot, 6% Gold.
Die Freundlichkeit: 20% Blau,
13% Rosa, 11% Gelb, 11% Weiß, 10% Orange, 10% Grün, 8% Gold, 8% Rot.
Die Freundschaft: 28% Blau,
17% Gold, 15% Rot, 12% Grün, 8% Rosa, 6% Orange, 6% Weiß.
In Psychologie und Symbolik
steht Blau als die Farbe der unbegrenzten Dimensionen.
Die Ferne: 54% Blau, 13%
Grau, 10% Weiß, 6% Schwarz.
Die Weite: 42% Blau, 18%
Weiß, 15% Grün, 6% Grau.
Die Unendlichkeit: 35% Blau,
22% Schwarz, 16% Weiß, 6% Violett, 6% Grau.
Je kälter eine Farbe ist,
desto weiter weg scheint sie zu sein. Verbindet man Blau, Grün und Rot
zu einer Farbkomposition, so erscheint Rot am nächsten und Blau am weitesten
entfernt. Wir verbinden Entfernungen mit Farben, da sich diese durch
Entfernung verändern. Jede Farbe wird, je weiter sie vom Betrachter
entfernt ist, trübe und bläulich, da sie von Luftschichten überdeckt
wird. Also wirken kräftige Farben näher als Blasse, so kann man z.B.
durch eine Abstufung von intensivem zu schwachem Blau eine perspektivische
Wirkung erreichen (hellblau liegt hinten). In der Malerei nennt sich
diese durch nahe und ferne Farben entstehende Perspektive Luftperspektive,
die im Spätmittelalter ein sehr beliebtes Stilmittel war. In einer Zeit,
in der die Welt durch Entdeckungsreisen täglich größer wurde, war die
scheinbar endlose Ferne in so gut wie jedem Bild zu finden. In spätmittelalterlichen
Bildern findet man oft völlig klare Konturen von Häusern oder Landschaften,
nur durch immer blassere Schattierungen von Blau wird der Eindruck von
Ferne erzeugt. In unserer Erfahrung entsteht die Farbe Blau aus dem
Transparenten, also erscheinen uns auch Wasser oder Luft blau. Blau
als die Farbe der unendlichen Vervielfältigung des Transparenten ist
die Farbe der großen Dimensionen. Blau selbst ist groß.
Das Große: 23% Schwarz, 18%
Blau, 13% Weiß, 10% Rot, 10% Grau, 6% Gold, 6% Gelb.
Das absolute Gegenteil von
Blau ist Braun, die Erdfarbe, die aus dem Massiven zu entspringen scheint.
So wird die psychologische Wirkung von Blau zur symbolischen verallgemeinert:
Man fährt ins Blaue, in die unbekannte Ferne. Man redet ins Blaue hinein,
spekuliert über ungewisse Sachverhalte. Mancher schießt ins Blaue und
trifft ins Schwarze - eine Redensart mit doppelter Farbsymbolik. Ferne
hat mit Treue zu tun: Erst Entfernung gibt Gelegenheit zur Untreue.
So gilt Blau auch als Farbe der Treue.
Die Treue: 28% Blau, 17%
Grün, 10% Gold, 8% Rot, 7% Weiß, 6% Braun, 5% Silber, 5% Violett, 5%
Gelb.
Das Vertrauen: 35% Blau,
17% Grün, 18% Weiß, 5% Gold, 5% Gelb.
Die Zuverlässigkeit: 27%
Blau, 13% Grün, 10% Braun, 8% Gold, 8% Grau, 8% Schwarz, 6% Rot, 6%
Weiß, 5% Silber.
Veilchen, Vergißmeinnicht,
Männertreu - blaue Blumen, die Treue symbolisieren. Die Wegwarte war
laut einer alten Sage einmal eine Jungfrau, die auf die Rückkehr ihres
Liebsten wartend schließlich (er kam wohl etwas länger nicht) zur Blume
wurde. Im Minnegesang wird die Treue von einer Frau Staete (Beständigkeit)
verkörpert, die ein blaues Kleid trägt. Auch im Brautstrauß sollen blaue
Blumen enthalten sein. So scheint Blau vor allem auch ein Symbol für
weibliche (abwartende) Treue zu sein. Ein Verlobungsring hat oft einen
Saphir, dieser symbolisiert Treue und soll am Finger eines Untreuen
seinen Glanz verlieren.
Die Sehnsucht: 27% Blau,
13% Grün, 10% Violett, 9% Weiß, 9% Rot, 7% Grau, 5% Rosa, 5% Gold, 5%
Gelb.
Die Blaue Blume ist der Inbegriff
der Dichtung der Romantik. 1804 erschien Novalis’ Romanfragment „Heinrich
von Ofterdingen“, in dem der junge Heinrich von Ofterdingen von einer
blauen Blume zwischen blauen Felsen an einer blauen Quelle träumt. Diese
verwandelt sich, zwischen ihren Blütenblättern erscheint auf einmal
das Gesicht eines Mädchens. Leider wird er von seiner Mutter geweckt
und so endet der Traum abrupt. Der unvollendete Traum verfolgt ihn,
und von Sehnsucht getrieben verläßt er sein Zuhause, um die Welt mit
dem Geist der Poesie zu entdecken. In der Fremde begegnet er Mathilde
und erkennt, daß er sich nur nach ihr gesehnt hat. „Welche Ewigkeit
von Treue fühle ich in mir“ - jedoch stirbt Mathilde bald. Aber auch
der Tod kann die Liebenden nicht trennen. Novalis’ Roman drückt die
Sehnsucht nach einem Lebenssinn aus, der aus einer mystischen Erkenntnis
entsteht und auch den Tod überwindet. So ist auch die Sehnsucht blau,
da sie wie die Treue viel mit Entfernung zu tun hat.
Die Phantasie: 18% Blau,
18% Violett, 13% Gelb, 9% Rosa, 9% Grün, 8% Orange, 8% Rot, 7% Weiß,
5% Silber
Phantasie und Lüge liegen
dicht beieinander; so wie heute die positive Seite der Phantasie durch
Blau symbolisiert wird, drückte Blau früher die negative Seite aus,
nämlich die Lüge. Dies findet man noch in einigen alten Redensarten
wie z.B.: Das Blaue vom Himmel herunterlügen, jemandem einen blauen
Dunst vormachen. Früher sprach man von „blauen Ausreden“ und „blauen
Enten“, Lügengeschichten hießen „blaue Märchen“. Wer zuviele davon erzählt,
kann sein „blaues Wunder erleben“. Im Französischen sind „contes bleues“
Lügengeschichten, so wie man im Holländischen sagt: „Dat sijn mar blauwe
bloempjes“ - nichts als Lügen. In einem Gemälde von Pieter Breughel,
„Die Sprichwörter“, hängt eine junge Frau im tief ausgeschnittenen Kleid
einem alten Mann einen blauen Mantel um und zieht ihm die Kapuze ins
Gesicht. Die fürsorgliche Geste täuscht: der blaue Mantel - „De blauwe
Huyck“ - ist das Symbol von ehelicher Untreue und Betrug.
Die Kälte: 47% Blau, 23%
Weiß, 14% Grau, 11% Silber
Das Kühle: 46% Blau, 14%
Silber, 13% Weiß, 11% Grau, 6% Grün
Die Gefühllosigkeit: 26%
Grau, 18% Schwarz, 11% Blau, 11% Gelb, 7% Braun, 6% Silber, 6% Violett,
6% Weiß
Der Stolz: 21% Gold, 12%
Blau, 12% Violett, 12% Weiß, 10% Rot, 9% Silber, 7% Schwarz, 5% Braun
Das Harte/Die Härte: 43%
Schwarz, 15% Blau, 12% Silber, 9% Grau, 6% Rot.
Blau ist die Komplementärfarbe
zu Orange, welches die heißeste Farbe des Spektrums ist. Blau ist die
kälteste. Dieses Empfinden beruht auf Erfahrung: Schatten des Sonnenlichtes
erscheinen blau, Eis und Schnee schimmern bläulich, bei Kälte wird die
Haut blau. Blau, die Farbe der Ferne und des Kühlen, wirkt als Raumfarbe
ungemütlich. Es löst den geschlossenen Raum auf und läßt die Kälte hinein.
In blauen Zimmern wird die Temperatur unterschätzt. Goethe schreibt
in seiner Farbenlehre: „Zimmer, die rein blau austapeziert sind, erscheinen
gewissermaßen weit, aber eigentlich leer und kalt.“ und: „Blaues Glas
zeigt die Dinge in traurigem Licht.“ Am ungeeignetesten ist Blau für
Restaurants: blaue Lichtreflexe lassen die Gäste bleich und ungesund
aussehen und blaustichige Lebensmittel wirken verdorben. Das kalte Blau
ist im symbolisch übertragenen Sinn eine abweisende Farbe. Es ist die
Farbe der Härte, der Gefühllosigkeit und des Stolzes.
Die Entspannung: 29% Blau,
22% Grün, 10% Weiß, 9% Rosa, 8% Braun, 5% Gelb Die Stille: 22% Blau,
15% Weiß, 15% Grün, 13% Schwarz, 11% Silber, 11% Grau
Die Erholung: 57% Grün, 16%
Blau, 9% Weiß, 8% Gelb Die Ruhe: 30% Grün, 21% Blau, 15% Weiß, 10% Braun,
9% Schwarz, 8% Grau.
In England und Amerika gibt
es die „blue hour“, die Stunde nach Arbeitsschluß, die Zeit der Entspannung.
In der blue hour bieten viele Gaststätten alkoholische Getränke billiger
an und verlocken so, sich nach dem Arbeitsschluß direkt zu „entspannen“.
Grün-Blau-Weiß ist die Farbkombination der Erholung. Blau ist der zurückgezogene,
selbstgenügsame Aspekt der Entspannung, das Grün steht für den aktiven
Teil und das Weiß - die Abwesenheit aller Farbe - für die Ruhe.
Das Männliche: 35% Blau,
20% Schwarz, 13% Braun, 7% Rot, 6% Grau Der Mut: 25% Blau, 19% Rot,
14% Schwarz, 7% Gold, 7% Gelb, 7% Grün, 5% Silber
Die Leistung: 20% Blau, 18%
Gold, 15% Rot, 9% Orange, 7% Silber, 7% Gelb
Die Sportlichkeit: 34% Blau,
17% Rot, 12% Weiß, 9% Silber, 7% Grün, 7% Gelb
Die Selbstständigkeit: 27%
Blau, 10% Schwarz, 9% Gold, 9% Silber, 9% Grün, 8% Rot, 7% Orange, 5%
Gelb, 5% Weiß
Die Konzentration: 19% Blau,
19% Weiß, 13% Schwarz, 9% Grau, 8% Rot, 6% Gelb, 5% Grün, 5% Silber
Die Klugheit: 26% Weiß, 22%
Blau, 11% Silber, 11% Gold, 8% Gelb, 7% Grau, 5% Violett
Die Wissenschaft: 34% Weiß,
24% Blau, 8% Schwarz, 8% Grau, 6% Grün, 5% Gelb, 5% Silber
Die Genauigkeit: 23% Weiß,
20% Blau, 17% Schwarz, 8% Silber, 8% Gold, 5% Grau, 5% Grün, 5% Rot
Die Pünktlichkeit: 20% Grau,
17% Blau, 10% Weiß, 10% Braun, 8% Grün, 7% Gold, 7% Silber; 6% Orange
In der modernen Symbolik
ist Blau die Farbe der Männlichkeit, zu deren Wirkung die kalten, leidenschaftslosen
Tugenden gehören. In der alten Symbolik war die Farbe der Männlichkeit
Rot und Blau stand für die Weiblichkeit, z.B. trägt in alten Mariendarstellungen
die Mutter Gottes meistens einen blauen Mantel. Die Tugenden der Arbeit
und des Geistes werden gleich nach dem neutralen und kühlen Weiß mit
Blau belegt, auch ist in der alten Symbolik Blau die Farbe der Erkenntnis.
Sein Gegenpol ist Rot, die Farbe der Körperlichkeit, die bei den geistigen
Tugenden keine Rolle spielt.
Vögel
sind dem Himmel verwandt, sie verkörpern das Immaterielle und die Seele.
Himmlische Wesen haben oft Vogelgestalt oder sind beflügelt. Im Taoismus
symbolisieren sie die Toten. Im Koran stellen sie Schicksal und Unsterblichkeit
dar. In der Psychoanalyse gelten sie als die eigene Person im Traum.
Geflügelte Worte - sind sie wirklich so geflügelt? Eigentlich sind sie
in ihrer Bedeutung doch sehr festgelegt und sollten sich demzufolge
auch recht gut visuell darstellen lassen. Meine geflügelten Worte suche
ich mir aus dem Bereich derjenigen, die wie auch immer etwas mit einem
Vogel (oder mehreren) zu tun haben. Beispiel: „Eine Krähe hackt der
anderen kein Auge aus - Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern
- Eitel wie ein Pfau - Den roten Hahn aufs Dach setzen“u.s.w.. Diese
möchte ich durch Objekte darstellen, welche die den geflügelten Worten
innewohnenden Bedeutungen visualisieren, die die im Wort implizierte
Handlung ausführen (z.T. ist ‘ausführen‘ wörtlich gemeint), ironisieren
oder vielleicht auch einmal wörtlich nehmen. Im experimentellen Teil
meiner Arbeit möchte ich mit fotografischen Mitteln dieselben Worte
„nachstellen“, mit mir selber als Objekt Bildideen realisieren und mich
dadurch gleichzeitig selbst portraitieren/darstellen. Der Titel „Der
blaue Vogel“ setzt sich zusammen aus der Blauen Blume der Romantik,
dem Symbol für die Sinnsuche im Leben und dem Vogel als Symbol aus der
Psychologie als Synonym für mich selbst, gleichzeitig auch der Vogel
als Symbol aus verschiedenen Mythologien. Die Blaue Blume, Traum und
Geheimnis, will gesucht werden wie der heilige Gral. Sie kann nie erreicht
werden. Findet und bricht man sie, verwelkt sie. Die in uns vorhandene,
ins unendliche gerichtete Sehnsucht kann nicht gestillt werden.